Marco Furtner. Der Dozent an der Universität Lichtenstein zeigt auf, wie künftige Chefs ihre charismatische Wirkung verbessern und sich zu guten Führungskräften entwickeln können. „Aus Führungsfehlern können Millennials lernen und so ihre Führungsfähigkeiten verbessern.“ Interview: Johannes J. Schraner
Wie wird ein Manager zu einem echten Leader?
Marco Furtner: Manager werden plakativ als Bürokraten oder „Soldaten“ angesehen, die die Dinge gut umsetzen. Leader hingegen begeistern mit Visionen. Dadurch können sie ihre Mitarbeitenden und ihr Umfeld inspirieren und zu Höchstleistungen antreiben. Manager können ihre Mitarbeitenden zwar mittels Zielvereinbarungen und aktiver Kontrolle steuern, dies entspricht jedoch noch keinem echten Leader. Je stärker sich die Mitarbeitenden mit ihrer Führungskraft identifizieren, desto mehr kann von einem echten Leader gesprochen werden.
Leichter gesagt als getan. Kann man sich zu echter Leadership weiterbilden und sie erlernen oder braucht es dazu spezielle Veranlagungen?
Leadership kann erlernt und entsprechend in Weiterbildungen angeboten werden. Zwillingsstudien an Führungskräften zeigen, dass die Veranlagung für eine effektive Führung nur zu einem Drittel eine Rolle spielt, während zwei Drittel auf Umwelteinflüsse zurückgeführt werden können. Diese Ergebnisse konnten durch Analyse der Effektivität in Führungstrainings bestätigt werden.
Wollen Millennials überhaupt geführt werden beziehungsweise wollen sie Leadership übernehmen?
Hierzu konnte ich kürzliche eine Befragung an der Universität Lichtenstein durchführen: Die Millennials (Generation Y) setzen auf relativ viel Autonomie und einen grossen Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Karriere ist für sie nicht mehr das wichtigste Kriterium, sondern dass sie einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen und auf die Work-Life-Balance achten. Demnach werden im digitalen Zeitalter das unternehmerische Denken und Handeln sowie Empowering Leadership, das seinen Mitarbeitenden relativ viel Freiraum gewährt, immer wichtiger. Hier können sich die Mitarbeitenden entfalten. Sie arbeiten nicht nur der Karriere oder des Geldes wegen, sondern weil die Arbeit an sich interessant ist und Spass und Freude bereitet. Grundsätzlich sind Millennials bereit, Führungsverantwortung zu übernehmen.
Was genau bedeutet den Empowering Leadership?
Bei Empowering Leadership ermächtigt die Führungskraft ihre Mitarbeitenden zum selbstverantwortlichen Handeln. Die Führungskraft nimmt dabei die Rolle des Coaches ein, fördert die Self-Leadership-Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden und agiert stärker im Hintergrund. Empowering Leadership wirkt sich sehr positiv auf die innere Motivation der Mitarbeitenden aus und fördert die Innovations- und Leistungsfähigkeit von Unternehmen.
Inwieweit gehört für die Millennials Scheitern zu erfolgreicher Leadership?
Die Millennials sind bezogen auf die Leistung weniger verbissen. Sie gehen mit Scheitern anders um als klassische Perfektionisten. Aus Führungsfehlern können Millennials lernen und entsprechend ihre Führungsfähigkeiten verbessern. Die Offenheit und Lockerheit der Millennials fördert die Wahrscheinlichkeit, dass diese das Scheitern nutzen, um ihre Leadership zu verbessern.
Dark Leadership, das heisst narzisstische, machiavellistische und psychopathische Führung ist in Unternehmen eher die Regel als die Ausnahme. Wie erklären Sie sich diese Phänomen, dass häufig nicht die Besten, sondern die emotional Dümmsten Chefs werden?
Es wird angenommen, dass Führungspositionen zu 50 Prozent von Narzissten und zu 4 Prozent von Psychopathen besetzt werden. Für die machiavellistische Führung existiert keine Schätzung, da diese nur schwer durchschaubar ist. Ein grosses Manko der dunklen Führungspersönlichkeiten liegt darin, dass sie über eine geringe Fähigkeit zur Empathie verfügen sich also schlecht in andere Menschen hineinversetzen können. Dunkle Führungspersönlichkeiten verfügen über ein unbändiges Machtmotiv. Sie wollen im sozialen Kontext dominant auftreten und setzen alles daran, damit sie eine Führungsposition erlangen.
Mit welchen Führungskultur kommt ein Unternehmen in Zeiten der Transformation am besten zu Innovation und Spitzenleistungen?
Zur Förderung von Innovation und Spitzenleistungen sollte eine Mischung aus Empowering Leadership und transformationaler Führung angewandt werden. Nur so können Unternehmen konkurrenzfähig bleiben und innovative Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt bringen.
Was heisst das konkret?
Eine moderne Führungskraft muss eine breites Spektrum aus unterschiedlichen Arten von Führungsverhalten beherrschen. Es sollte flexibel und dynamisch sein: In bestimmten Situationen eignest sich die charismatische Beeinflussung, in einem anderen Kontext ist es wichtig, dass Freiraum gegeben wird, in einer weiteren Situation sollen die Mitarbeitenden bezüglich Leistungsfortschrittes kontrolliert werden; und wenn es einmal überhaupt nicht läuft, sollte die Führungskraft streng und autoritär sein.
Das ist eine ganze Menge an Anforderungen. Wie wollen Sie bisherige Manager oder Studierende zu eigentlichen Helden mit Visionen und Charisma aus- und weiterbilden?
Die transformationale Führung ist die mächtigste und eine sehr idealisierte Form von Führung. In der Ausbildung wird bereits ein praxisorientierter Kurs im Bachelor-Studium BWL und in der Weiterbildung im Rahmen des MBA angeboten, in dem die Studierenden erlernen, wie sie aktiv Visionen formulieren und ihre Rhetorik sowie ihr Führungsverhalten geschickt verbessern können. Die Studierenden erlernen die Grundbausteine der transformationalen Führung. In der Praxis können sie ihre charismatische Wirkung verbessern und sich zu erfolgreichen Führungskräften entwickeln.
Der Innovator
Marco Furtner ist Prorektor für Lehre an der Universität Lichtenstein, Leiter des Institutes für Entrepreneurship und Lehrstuhlinhaber für Entrepreneurship & Leadership.
Er ist 39 Jahre jung, lebt in Dornbirn (Österreich), ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Er absolvierte das Studium der Psychologie an den Universitäten Wien und Innsbruck, Habilitation zum Thema Self-Leadership und Leadership.
Verfasst: Johannes J. Schraner aus dem Interview mit Marco Furtner